16. Dezember 2010

Die nie abgeschlossene Konzeption

Oftmals erlebe ich Projektsituationen, bei denen sehr ausfühliche Konzepte (Technisches Konzept und Business Konzept) vorhanden sind. In nahezu endloser Arbeit wurden Seite um Seite spezifiziert. Dies hat sicherlich seine Vorteile: Der Kunde fühlt sich sicher und weiss was er im Endeffekt kriegt. Zudem kann auf Grund der vorliegenden Spezifikation relativ genau abgeschätzt werden, wie hoch der Aufwand und die Risiken für die Umsetzung sind.

Doch so ausführlich die Konzepte auch sind, irgendwo tauchen während der Implementierung immer wieder Fragen auf und es gibt ein paar ganz pragmatische Tipps, wie der Projektleiter mit solchen Situationen umgehen kann:

1. Konzept lesen (Business und technisches Konzept)
Ich habe schon oft Diskussionen mit Entwicklern über Konzepte geführt, die eigentlich gar nicht notwendig waren, wenn man mal einen Blick ins Business Konzept geworfen hätte. Das bedeutet nicht, dass der Entwickler zu Beginn des Projektes über 1000 Seiten Konzept lesen muss. Aber er soll, wenn er ein Arbeitspaket erhält, zumindest diese Teile aus dem Konzept lesen, die für das AP relevant sind. Dazu gehört auch das Business Konzept. Oftmals wird das während der Entwicklung völlig vergessen.

2. Das Gespräch suchen
Egal ob Entwickler oder Projektleiter: Wenn Fragen zu einem Konzept auftauchen, soll man diese sofort im Gespräch klären. Einfach Annahmen zu treffen ist unter Umständen schneller ja, aber nicht unbedingt zielführender, insbesondere, wenn die Annahme falsch war. Idealerweise spricht der Entwickler zuerst mit dem Projektleiter. Dieser kann allenfalls bereits weiterhelfen. Ist dies nicht der Fall, so soll der Projektleiter ein entsprechendes Meeting einfordern. 
Offene Fragen sollten dann mit entsprechender Vorbereitung seitens Projektleitung/Entwicklung und mit einem Konzeptvorschlag mit dem Kunden diskutiert werden und anschliessend in einem Protokoll, oder Wochenreport festgehalten werden. So kann dies auch zu einem späteren Zeitpunkt  nachvollzogen werden.

3. Konzept mit fehlenden Elementen ergänzen. 
Sollten tatsächlich Spezifikationsteile fehlen, so sollen diese ergänzt werden. Meistens gibt es bis zum Schluss eines Projektes und vermutlich auch darüber hinaus immer wieder Elemente, die in einem Konzept ergänzt werden sollten. Ein Konzept lebt während eines Projektes und sollte nicht unantastbar sein. Auf Grund der Diskussion mit dem Kunden kann ein Konzept auch mal abgeändert werden, insbesondere dann, wenn es aus technischer Sicht empfehlenswert ist. Das muss der Projektleiter aber von Situation zu Situation beurteilen und entsprechend handeln.

9. Dezember 2010

Verhandlungen richtig führen

Kürzlich habe ich einen sehr schönen Beitrag mit Tipps für Verhandlungen gelesen. Dieses Thema möchte ich in diesem Post aufnehmen und über meine Erfahrungen berichten.

Ein Projektleiter steht nahezu täglich irgendeiner Verhandlung gegenüber:
- Verhandlungen über das Budget
- Verhandlungen über den Projektscope und über Change Requests
- Vertragliche Verhandlungen
- etc.

Hier ein paar Tipps, was der Projektleiter bei Verhandlungen unbedingt beachten sollte:

1. Win-Win Situation erzielen:
Der Projektleiter sollte bei einer Verhandlung stets versuchen, eine Win-Win Situation zu erziehlen. Das heisst, dass sein Lösungsvorschlag fair und für beide Parteien gewinnbringend sein sollte. Nur so kann er sicher stellen, dass das Projekt auf gutem Kurs bleibt und allenfalls ist der PL dann auch mal froh, wenn er ein faires Angebot von seinem Gegenüber erhält.

2. Saubere Vorbereitung:
Verhandlungsziel festlegen, Argumente sammeln, damit der Projektleiter seine Meinung klar vertreten kann, ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Verhandlung. Dazu gehört auch, dass der Projektleiter bereits einen konstruktiven Lösungsvorschlag mitbringt und diesen vorstellt und sein Ziel sollte es dann auch sein, dass der Lösungsvorschlag akzeptiert wird. Dafür braucht es Informationen, beispielsweise allfällige Risiken, Vor- und Nachteile, allenfalls Kosten- oder Terminfolgen. All das muss der Projektleiter vor der Verhandlung festhalten. 

3. Sachliche Argumentation:
Eine Verhandlung sollte (bis auf wenige Ausnahmen) nicht auf der emotionalen Ebene geführt werden. Sachliche Argumentation auf Basis der Vorbereitung ist zielführender als allfällige Anschuldigungen oder Schudlzuweisungen. Zudem überzeugen sachliche und ehrliche Argumente insbesondere bei den nicht involvierten Personen (z.B. Stakeholdern) mehr und sind um einiges profesioneller als unnötige Emotionen). Eine Verhandlung ist keine Feedbackrunde, sondern ein Mittel, um eine geeignete Lösung für ein Problem zu finden.

4. Den guten alten Joker im Ärmel haben:
Verhandlung führen bedeutet auch Kompromisse einzugehen. Während der Vorbereitung sollte der Projektleiter seine Kompromisse bereits festlegen und diese Joker einsetzen, wenn es dies während der Verhandlung erfordert. Das verhindert unnötige Überraschungen während der Verhandlung, die möglicherweise einen anderen Ausgang als geplant nehmen. Und für den Projektleiter ist es immer eine sehr konfortable Situation, wenn er einen Joker hat, das bringt auch eine gewisse Gelassenheit mit sich.

1. Dezember 2010

Inwiefern ist der Kunde König?

In einer Dienstleister - Kundenbeziehung bewegt sich der Projektleiter meistens auf einem schmalen Grat. Er muss ständig abwägen, ob eine gewisse Handlung den Kunden zufriedenstellt, oder dem Projekt, bezw. dem Projektteam schadet.

Auf der einen Seite steht das Projekt, das termin- und kostengerecht umgesetzt werden soll und auf der anderen Seite steht der Kunde, der zufrieden sein möchte. Aber es gibt auch noch eine weitere Dimension, die ebenfalls beachtet werden muss: das Projektteam. Ein Beispiel:

Bei einem Change Request in letzter Minute steht der Launchtermin auf dem Spiel. Der Kunde möchte aber trotzdem, dass das unbedingt noch umgesetzt werden muss, wenn notwendig halt übers bevorstehende Wochenende. Der Kunde hat ein Grossprojekt umgesetzt und gehört zu den wichtigsten Kunden.
Nun hat das Projektteam aber schon die letzten Wochenenden durchgearbeitet, um das System termingerecht fertig zu stellen. Das Projekt wurde rechtzeitig fertiggestellt und jetzt kommt ein Change Request, der schon viel früher hätte gemacht werden können.
Was tun? Sich zu Gunsten des Kunden oder zu Gunsten des Projektteams entscheiden?

Solche Entscheidungen sind schwierig. Auf jeden fall soll der Projektleiter bei einer solchen Situation mit beiden Parteien das Gespräch suchen. In solchen Fällen finde ich es nicht unfreundlich, wenn der Projektleiter dem Kunden die Situation darlegt und ihm erklärt, dass es bereits ausserordentliche Einsätze gab und dass das Projektteam eigentlich eine "Pause" verdient hat. Die Verhandlung wird bewusst ein wenig auf die emotionale Ebene verlegt, um dem Kunden aufzuzeigen, dass Menschen am Projekt arbeiten und keine Maschinen. Der Projektleiter zeigt so auch dem Team, dass er sich für die Interessen im Projektteam einsetzt.
Parallel dazu soll der Projektleiter sicherlich auch das Gespräch mit dem Team suchen und ihnen ebenfalls die Situation darlegen.
Schlussendlich hat aber doch der Kunde das letzte Wort, er ist und bleibt König. Aber ich hatte schon oftmals das Gefühl, dass durch solche Gespräche mit dem Kunden die Wertschätzung erhöht wurde, was ja im Endeffekt positiv ist. Und nicht wenige entscheiden so auch mal zu Gunsten des Projektteams.